Ich empfinde den Buddhismus als trost- und hoffnungslos

  • Wieso "der Sterbeprozess kein Leiden" sein soll, wenn das Leben "glücklich und so lange, wie irgend möglich" gelebt wurde, erschließt sich mir nicht. :?

    Das versteh ich, denn du siehst den Sterbeprozess nicht als Leben an.

    Doch, natürlich ist Leben auch immer Sterben und solange man stirbt, lebt man noch, aber der finale Prozess des Sterbens, die letzten Stunden, sind doch das, was am meisten Angst macht...zumindest in der Vorstellung.

    Wirklich liegt alle Wahrheit und alle Weisheit

    zuletzt in der Anschauung. (Arthur Schopenhauer)


    Oh wünsche nichts vorbei und wünsche nichts zurück!

    Nur ruhiges Gefühl der Gegenwart ist Glück. (Friedrich Rückert)

  • Liebe Anna,

    Wieso "der Sterbeprozess kein Leiden" sein soll, wenn das Leben "glücklich und so lange, wie irgend möglich" gelebt wurde, erschließt sich mir nicht. :?

    Das versteh ich, denn du siehst den Sterbeprozess nicht als Leben an.

    Doch, natürlich ist Leben auch immer Sterben und solange man stirbt, lebt man noch, aber der finale Prozess des Sterbens, die letzten Stunden, sind doch das, was am meisten Angst macht...zumindest in der Vorstellung.

    Aber doch nicht allen Menschen, Anna. Und auch da "Vor-Stellung".

    Ich habe keine Angst davor. Ich freue mich sogar darauf. Mein Mann hatte offenbar auch keine Angst, er war außergewöhnlich weich und hingegeben geworden. Er wusste ganz bestimmt, dass er stirbt.


    Menschen in anderen Kulturen, zum Beispiel Ureinwohner Amerikas, Alaskas etc. gehen ganz bewusst damit um.

    _()_

    Ohne mich ist das Leben ganz einfach

    Ayya Khema

    Oder anders ausgedrückt: Die Beherrschung der Gedanken ist der Weg zum Glück (SH Dalai Lama)

  • Wieso "der Sterbeprozess kein Leiden" sein soll, wenn das Leben "glücklich und so lange, wie irgend möglich" gelebt wurde, erschließt sich mir nicht. :?

    Das versteh ich, denn du siehst den Sterbeprozess nicht als Leben an.

    Doch, natürlich ist Leben auch immer Sterben und solange man stirbt, lebt man noch, aber der finale Prozess des Sterbens, die letzten Stunden, sind doch das, was am meisten Angst macht...zumindest in der Vorstellung.

    Ich sterbe jetzt nicht. Soweit ich weiß. Sterben interessiert mich wirklich nur dann, wenn ich im Sterben bin, also sicher im Sterbeprozess. Bis dahin bin ich unsterblich.

    Wie kommt ein normal denkender Mensch auf die Idee, dass Leben Sterben ist, das ist mir schon seid einigen Jahrzehnten, mindestens 50 Jahre, ein echtes Rätsel.

    Das kann nur ein verwirrter, leidender sein, weil er sein Leben als Sterben sieht. Kein Wunder, dass Hoffnungslosigkeit um sich greift.

    Es ist entweder Anfang oder Ende.

    Kein Vergehen oder Entstehen, dazwischen ist genießen.

  • Ich habe das Heftchen "unsere wirkliche Heimat". Da spricht Ajahn Chah mit einer im Sterben liegenden Frau. Das lese ich manchmal, wenn mir danach ist.

    Meinst Du das hier: Unser wirkliches Heim?

    Dagegen werde ich mich selbst mit meiner letzten Kraft wehren, dem nicht allein ohne Gerede sterben können.

    Es ist entweder Anfang oder Ende.

    Kein Vergehen oder Entstehen, dazwischen ist genießen.


  • Es kann Dir geholfen werden!


    Ja, das ist eine der konservativen und pessimistischen Deutungen des Buddhismus, zu der leider wohl die meisten neigen. Etwa vergleichbar mit dem christlichen Dogma der Erbsünde, in der wir als Menschen alle automatisch schuldig sind.


    Es gibt andere, lebensbejahendere: Samsara ist der Wiederwerdenskreislauf in dieser einen Existenz, die wir haben. Neurologen meinen, das das, was wir als Gegenwart empfinden, eine Zeitspanne von 2,7 Sekunden umfasst. Darauf folgt der nächste Augenblick, der ebenfalls etwa 2,7 Sekunden lang ist. Jeder dieser Augenblicke entsteht aus den Bedingungen des vorherigen.


    Mehr als 90% der Dinge, die wir in dieser Folge der Augenblicke tun, sind nicht aus unserem freien Willen geboren, sondern aus den Bedingungen des vorherigen Augenblicks. Wir sind also vielleicht nur 10% frei in unseren Entscheidungen. Buddhismus möchte das ändern.


    Buddhismus bietet eine Reihe von Einsichten und Übungen, um diesen von unserer Biologie gegebenen Freiheitsrahmen zu erweitern.


    Das leben ist schön!

    Buddhismus ist Freiheit!

    "Es gibt nur eine falsche Sicht: Der Glaube, meine Sicht ist die einzig richtige."

    Nagarjuna

  • Solange man Hoffnung als Aussicht auf Erfüllung von Wünschen versteht, ist Buddhismus hoffnungslos. Wenn man die Aussicht auf Freiheit von Wünschen als Hoffnung versteht, ist Buddhismus der beste Weg: Aufhören zu wünschen und anfangen zu leben.


    Letztlich ist das für uns Menschen als Teil der Natur die einzige Hoffnung.

    Das ist denn doch nur der Abendwind, der heute mit ordentlich verständlichen Worten flüstert.

  • Zunächst glaubt "man", keine Wünsche mehr zu haben und somit auch keine Hoffnung mehr zu "brauchen", würde ein trostloses Leben bedeuten.


    Hier wiederum hilft ein gesundes Vorstellungsvermögen: Wer verliebt ist, ist wunschlos glücklich.

    Dieser Zustand kommt der Befreiung am nächsten. Nur mit einem kleinen Unterschied, er ist von niemandem abhängig, und kann durch anhaltende Praxis immer wieder erzeugt werden.


    Wer das einmal erlebt hat, wird sich immer wieder erinnern. Zu Beginn weiß man nicht, wie er entstand. Irgendwann wird es klar - KEIN WIDERSTAND GEGEN DAS, WAS IST.


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    Ohne mich ist das Leben ganz einfach

    Ayya Khema

    Oder anders ausgedrückt: Die Beherrschung der Gedanken ist der Weg zum Glück (SH Dalai Lama)

  • Solange man Hoffnung als Aussicht auf Erfüllung von Wünschen versteht, ist Buddhismus hoffnungslos. Wenn man die Aussicht auf Freiheit von Wünschen als Hoffnung versteht, ist Buddhismus der beste Weg: Aufhören zu wünschen und anfangen zu leben.


    Letztlich ist das für uns Menschen als Teil der Natur die einzige Hoffnung.


    Das halte ich für eine verkürzte Darstellung - und damit auch wieder für einen Grund, Buddhismus eine pessimistische Grundhaltung zum Leben zu attestieren.


    Manche Wünsche mögen nicht mehr entstehen. Aber die Übungen sind dazu geeignet, die absolute Freiheit darüber zu erlangen, ob ich fiebernd einem Wunsch entgegen jage und enttäuscht bin, wenn er nicht erfüllt wird. Das umfasst alles: Konsum, Gesundheit, Liebe… oder mich ohne ein Gefühl von unbefriedigt sein, mich abwenden zu können, loslassen zu können.

    "Es gibt nur eine falsche Sicht: Der Glaube, meine Sicht ist die einzig richtige."

    Nagarjuna

  • Wieso "der Sterbeprozess kein Leiden" sein soll, wenn das Leben "glücklich und so lange, wie irgend möglich" gelebt wurde, erschließt sich mir nicht. :?

    Das versteh ich, denn du siehst den Sterbeprozess nicht als Leben an.

    Doch, natürlich ist Leben auch immer Sterben und solange man stirbt, lebt man noch, aber der finale Prozess des Sterbens, die letzten Stunden, sind doch das, was am meisten Angst macht...zumindest in der Vorstellung.

    Nicht in jeder.

    Die Menschen die ich dieses Jahr begleitet habe erfuhren es völlig unterschiedlich.Doch alle hatten eines gemeinsam.Sie waren nicht allein.

    In Metta🙏

  • Ja, das ist richtig. Aber auch da sehe ich den mittleren Weg.


    Es geht ja nicht um Kasteiung. Meine Erfahrung ist, dass sich alles zum Besten für mich wendet.


    Ich habe mein Haus verkauft zu einem guten Preis. Es waren die einzigen Interessenten.

    Gleichzeitig habe ich eine kleine von Grund auf sanierte Wohnung gekauft, die so günstig liegt, dass ich auch noch mein Auto verkaufen werde. Es war die einzige freie, seniorengerechte und sogar preiswerte Wohnung inkl. Fahrstuhl :erleichtert:


    Es erfüllen sich Wünsche, die ich gar nicht geäußert habe. Ich lasse "nur" alles auf mich zukommen. So geht es mir seit 40 Jahren.

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    Ohne mich ist das Leben ganz einfach

    Ayya Khema

    Oder anders ausgedrückt: Die Beherrschung der Gedanken ist der Weg zum Glück (SH Dalai Lama)

  • und wieder hängt jemand ( viele ) an den Worten, die für die geschrieben wurden, welche NICHT den Sinn der Lehre des Erhabenen begriffen haben.


    Das eigentlich Wichtige der Edlen Wahrheiten ist, wie EINER hier sagte, das Nicht - Wiederwerden.


    Und der Weg aus dem Samsara ... das Nirvana ... erreicht man jeden Tag tausendemal, wenn man den Weg des Dharma geht. Wenn man verhindert, das man tausendemal wiedergeboren wird.


    Wie schlimm es doch ist, die Lehre nur aus Belletristik zu erfahren, nicht aus dem Vorleben echter Lehrer. Wenn man die Lehre aus Büchern lernt, die geschaffen wurden, um Geld zu verdienen ( in welcher Art auch immer ).

    Wenn die Weitergabe nicht mehr von Herz zu Herz, von warmer Hand zu warmer Hand geschieht. Leider ist die in der heutigen Zeit der Weg der Meisten.


    Selbst das Studium der alten Schriften nützt Nichts, wenn nicht Jemand da ist, der Dir die Wahrheit lebendig zeigt. Doch findet man einen solchen sehr selten ...


    _()_

    Wenn im dürren Baum der Drache Dir singt
    siehst wahrhaft Du den WEG.
    Wenn im Totenkopf keine Sinne mehr sind
    wird erst das Auge klar.


    jianwang 健忘 = sich [selbst] vergessend

  • Und wie schlimm das doch ist, zu glauben, die Lehre begriffen zu haben und dennoch nicht aus der Bewertung herauszukommen, also im Grunde anzuhaften und damit wiedergeboren zu werden.


    Eigentlich ein Mangel an Mitgefühl, denn wir sind ja nicht alle auf demselben Level.

    Ich nehme mich da nicht aus, denn ich fühle die Energie auch noch immer, die dahintersteckt.

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    Ohne mich ist das Leben ganz einfach

    Ayya Khema

    Oder anders ausgedrückt: Die Beherrschung der Gedanken ist der Weg zum Glück (SH Dalai Lama)

  • Solange man Hoffnung als Aussicht auf Erfüllung von Wünschen versteht, ist Buddhismus hoffnungslos. Wenn man die Aussicht auf Freiheit von Wünschen als Hoffnung versteht, ist Buddhismus der beste Weg: Aufhören zu wünschen und anfangen zu leben.


    Letztlich ist das für uns Menschen als Teil der Natur die einzige Hoffnung.

    Wünsche motivieren zum Handeln. Warum sie alle loswerden?

  • Es kann Dir geholfen werden!


    Ja, das ist eine der konservativen und pessimistischen Deutungen des Buddhismus, zu der leider wohl die meisten neigen. Etwa vergleichbar mit dem christlichen Dogma der Erbsünde, in der wir als Menschen alle automatisch schuldig sind.

    Du erzeugst Hoffnung, lieber Hendrik , möge sie erfüllt werden! :heart: _()_

    Es gibt andere, lebensbejahendere: Samsara ist der Wiederwerdenskreislauf in dieser einen Existenz, die wir haben.

    Eine Interpretation, der ich mich auch immer mehr anzunähern beginne, weil sie realitätsnah und positiv dem Leben gegenüber erscheint...


    Mangels einer einheitlichen Übertragung des Buddhadharma, wird sich letztlich eh jeder selbst seinen "privaten" Dharma - aufgrund seines "erkannten Erlebens" - (Ayya Khema) zusammen"basteln" - warum auch nicht, wenn's hilft?!

    (Wer heilt, hat recht...)

    Das leben ist schön!

    Buddhismus ist Freiheit!

    Der neue Buddhaland -"Slogan"? ;) :D


    Wer verliebt ist, ist wunschlos glücklich.

    Dieser Zustand kommt der Befreiung am nächsten.

    Echt jetzt?! :eek:  :)

    Meines Erachtens (und meiner Erfahrung nach ;) ) ist man selten so verblendet, wie wenn man verliebt ist :herzblick: und was die Wunschlosigkeit betrifft...., da entstehen doch immer wieder neue Wünsche: Z.B. Wunsch, dass die Zeit stehenbleibt, Wunsch, für immer zusammen zu sein, Wunsch, dass es dem Geliebten immer gut geht, Heiratswünsche, Kinderwünsche, Urlaubswünsche,..... (:


    Aber du, liebe Monika, hast es vielleicht ganz anders erlebt....

    Nur mit einem kleinen Unterschied, er ist von niemandem abhängig, und kann durch anhaltende Praxis immer wieder erzeugt werden.


    Wer das einmal erlebt hat, wird sich immer wieder erinnern. Zu Beginn weiß man nicht, wie er entstand. Irgendwann wird es klar - KEIN WIDERSTAND GEGEN DAS, WAS IST.

    Dem letzten Satz kann ich voll zustimmen, allerdings ist dieses "Einverstandensein mit allem, was ist" nicht leicht zu erreichen - ich übe noch.....(und es gibt viele "Rückfälle"...) ;)


    Liebe Grüße, Anna _()_ :heart: :)

    Wirklich liegt alle Wahrheit und alle Weisheit

    zuletzt in der Anschauung. (Arthur Schopenhauer)


    Oh wünsche nichts vorbei und wünsche nichts zurück!

    Nur ruhiges Gefühl der Gegenwart ist Glück. (Friedrich Rückert)

  • Liebe Gurkenhut, Handeln geschieht sowieso und sogar viel klüger.


    Es geht ja nicht um ein "gefärbtes" Verzichten, d.h. gegen meinen Willen mich zu zwingen, keine Wünsche mehr zu haben. Es geht um Einsicht, die im Laufe der Praxis immer stärker wird.

    Wenn diese Einsicht sich manifestiert, stellt man fest, dass es ganz leicht ist, dass trotzdem alles getan werden kann - und sogar mit viel mehr Freude und entspannt, weil da kein innerer Sklaventreiber mehr die Stimmung versaut.


    Und es geht auch nicht um Resignation. Es fällt einfach ab, wie die Kruste einer verheilten Wunde.


    Wünsche engen ein, unter Umständen zeigen sie sich als völlige Fehlentscheidung, wenn sie sich erfüllen.


    Vor 60 Jahren merkten die "Entwicklungs-Helfer" für z.B. Afrika, das es nicht sinnvoll ist, den Herrschern immer wieder Millionen zu spenden, denn die bauten sich davon Paläste. Nun entstand die Hilfe zur Selbsthilfe.


    _()_

    Ohne mich ist das Leben ganz einfach

    Ayya Khema

    Oder anders ausgedrückt: Die Beherrschung der Gedanken ist der Weg zum Glück (SH Dalai Lama)

  • SO "wirkt" Buddhismus!

    Du wirst geboren, erlebst Krankheiten, Verluste, Alter, Sterben usw. - aber es macht "dir" nichts mehr aus

    Ja, aber ist das nicht bereits wundervoll?

    Wenn du geboren bist, alterst und sterben wirst; es dir aber nichts ausmacht, macht es dann noch Sinn von Geboren sein, Altern und Sterben zu sprechen? Es ist einfach, wie es ist.

    Was möchtest du denn noch mehr?

  • Zitat
    Hendrik: Das leben ist schön!
    Buddhismus ist Freiheit!

    Der neue Buddhaland -"Slogan"? ;)  :D





    - - -

    Als Slogan würde ich das noch durch eine Aufforderung ergänzen - das ist dann gutes Marketing: „JETZT mitmachen und ein Siddhi gewinnen!“

    "Es gibt nur eine falsche Sicht: Der Glaube, meine Sicht ist die einzig richtige."

    Nagarjuna

  • Zitat
    Hendrik: Das leben ist schön!
    Buddhismus ist Freiheit!

    Der neue Buddhaland -"Slogan"? ;)  :D


    Dann müsste man aber den Namen dieses Forums ändern, denn Buddhismus ist nichts mit Slogans und 'das Leben ist schön' nur eine subjektive Bewertung (des eigenen Lebens vielleicht). Für die meisten Kreaturen auf diesem Planeten ist 'das Leben' ja eher nicht 'schön'.


    Buddhismus ist ein Behälter für diverse Lehren. Manche klammern ziemlich unfrei stark an diesem Namen.

  • Dann müsste man aber den Namen dieses Forums ändern, denn Buddhismus ist nichts mit Slogans und 'das Leben ist schön' nur eine subjektive Bewertung (des eigenen Lebens vielleicht). Für die meisten Kreaturen auf diesem Planeten ist 'das Leben' ja eher nicht 'schön'.

    Trifft es schön und schmerzhaft zu gleich besser?

  • Dann müsste man aber den Namen dieses Forums ändern, denn Buddhismus ist nichts mit Slogans und 'das Leben ist schön' nur eine subjektive Bewertung (des eigenen Lebens vielleicht). Für die meisten Kreaturen auf diesem Planeten ist 'das Leben' ja eher nicht 'schön'.

    Trifft es schön und schmerzhaft zu gleich besser?


    Auf jeden Fall. Die reduzierteste und grundsätzlichste Unterscheidung der Gefühle (im Buddhismus) ist zweifach, also 'in drei':


    a) das angenehme Gefühl

    b) das unangenehme Gefühl

    c) weder a) noch b)


    Dabei ist zu erkennen / zu bedenken dass sich für den einen etwas als angenehm empfindet, was sich für einen Zweiten als unangenehm empfindet.

  • Sotapannabumm

    Dem stimme ich zu, dass einiges verschieden empfunden wird. Selbst innerhalb der gleichen Person zu verschiedenen Zeitpunkten. Ich hatte mal eine sehr traurige Sicht auf‘s Leben an sich und mich bzw. meine persönlichen Lebensumstände. Geht mittlerweile wieder, aber die Perspektive mit schön und schmerzhaft zugleich wird wohl bleiben.

    Wie man sich fühlt hängt auch stark davon ab, welche Geschichte man sich zu den verschiedenen Dingen erzählt. Und was von der Fülle an Dingen, die man wahrnehmen kann, bewusst wahrnimmt und vielleicht auch würdigt. Da versteckt sich einiges an Handlungsspielraum.


    Manche Gefühle sind auch sehr ähnlich. Traurigkeit empfinden im Angesicht hungernder Kinder zum Beispiel. Sich keinen Frieden wünschen bei Kriegsbildern oder -erzählungen wahrscheinlich auch.

  • Und, Gurkenhut, es ist auch eine Frage des Wachstums. Auch ich finde mich in manchen Ansichten und Glaubenssätzen wieder, die ich vor noch nicht allzu langer Zeit hatte.

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    Ohne mich ist das Leben ganz einfach

    Ayya Khema

    Oder anders ausgedrückt: Die Beherrschung der Gedanken ist der Weg zum Glück (SH Dalai Lama)

  • Das halte ich für eine verkürzte Darstellung - und damit auch wieder für einen Grund, Buddhismus eine pessimistische Grundhaltung zum Leben zu attestieren.


    Ich halte das nicht für die Grundlage einer pessimistischen Sichtweise auf den Buddhismus. Wünschen, Erwarten und Hoffen weisen in die Zukunft, die Vergangenheit oder in die Welt der Vorstellungen. Das bedeutet: es fehlt scheinbar jetzt etwas, von dem ich hoffe, dass ich es in der Zukunft erlangen möge, um glücklich zu sein, um ich selbst zu sein, um das wahre Leben zu leben, etc. Es fehlt aber nichts. Alles ist da und vollkommen. Diese Erfahrung ist eine Frucht der Praxis. Allerding ist es, soweit ich sehe, leider nicht damit getan, Texte zu lesen und einmal am Tag zu meditieren. Diese Erfahrung nur ein Tor: Ich muss sie immer wieder erneuern, weil sie sonst verblasst und zur Vorstellung wird, zu einem neuen Wunsch – bis vielleicht irgendwann einmal die Wurzeln der Geistesgifte endgültig abgeschnitten sind, und natürlich und selbstverständlich keine Identifikation mehr stattfindet.


    Das Wünschen und Vermeiden führt aus der unmittelbaren und unvermittelten Gegenwart hinaus in die Welt der Vorstellungen und Erwartungen. Das ist eine Facette des Leidens, vielleicht sogar die wesentliche Facette des Leidens überhaupt. Leben findet nicht in Vorstellungen, Wünschen oder Erwartungen statt. Sie verbergen das Leben, schneiden mich davon ab.


    Ich tappe immer wieder in dieser Falle und brauche die intensive Praxis (viele Stunden über mehrere Tage), um mich wieder und wieder ein Stück herauszuarbeiten. Und selbst das gelingt mir nur nach längeren Retreats, weshalb sie auch so wichtig sind.... banales Haushälterleben im medialisierten 21sten Jahrhundert halt. Alles ist vollkommen, wenn ich mal die Füße still halte und nicht dauernd an allem und jedem versuche, herumzuschrauben, wenn der Affe mal zur Ruhe kommt.

    Das ist denn doch nur der Abendwind, der heute mit ordentlich verständlichen Worten flüstert.

  • Ich finde nicht den Buddhismus trost- bzw. hoffnungslos sondern ich empfinde, dass wir in einer Zeit leben, die noch nie so viele Herausforderungen hatte wie die jetzige, das macht mich nachdenklich. Der Buddhismus ist wie gesagt ein Weg der Hoffnung egal wie es grad um einen Menschen oder die Welt steht.